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Grober Befunderhebungspflichtverstoß

Eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten tritt auch dann ein, wenn der Befunderhebungspflichtverstoß als grober Behandlungsfehler  zu bewerten ist.

 

Auch hier kann der Befunderhebungspflichtverstoß entweder darin bestehen, dass eine Befunderhebung gar nicht vorgenommen wurde oder dass der Arzt zwar Befunde erhoben hat, diese jedoch nicht die gebotene Qualität haben, so dass sie nicht auswertbar bzw. beurteilbar sind.

 

Wann ist eine unterlassene Befunderhebung grob fehlerhaft?

 

Es stellt sich also die Frage, wann eine unterlassene Befunderhebung grob fehlerhaft, also aus objektiver medizinischer Sicht überhaupt nicht mehr verständlich bzw. nachvollziehbar ist.

 

Hier lassen sich zwei Fallkonstellationen unterscheiden:

 

1. Unterlassen grundlegender Routinebefunde

 

Erhebt der Arzt nicht einmal die grundlegenden und elementar gebotenen Routinebefunde, ohne die er eine sorgfältige Diagnose gar nicht stellen kann, so ist dies als grober Behandlungsfehler zu bewerten. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn der Arzt einen Patienten gar nicht untersucht.

 

2. Unterlassen einer gezielten Befunderhebung auf eine bestimmte Verdachtsdiagnose

 

Hat der Arzt zwar bereits Befunde erhoben, lässt sich aufgrund dieser Befunde jedoch noch keine eindeutige Diagnose stellen, sondern ergibt sich durch diese  Befunde lediglich der Verdacht auf eine bestimmte Erkrankung, dann muss der Arzt diesem Verdacht durch die Erhebung weiterer Befunde nachgehen. Tut er dies nicht, so kann man ihm einen groben Behandlungsfehler nur dann zur Last legen, wenn er den Verdacht ohne weiteres hätte erkennen können, er sich ihm also förmlich hätte aufdrängen müssen.

 

Hiervon ist das Thüringer Oberlandesgericht beispielsweise in einem Fall ausgegangen, in dem weder eine Sonographie, noch eine Mammographie zu einem eindeutigen Befund geführt haben. Da sich dem Arzt hier der Verdacht auf eine Bösartigkeit  des untersuchten  Tumors hätte aufdrängen müssen, wäre er dazu verpflichtet gewesen, einen weiteren Befund in Gestalt einer histologischen Untersuchung durchzuführen:

 

"Ist allein das hier angewandte bildgebende Verfahren der Sonographie hinsichtlich Sensitivität und Spezifität nicht hoch genug, um die Dignität des Tumors sicher festzulegen, erscheint das Unterlassen der zwingend gebotenen histologischen Abklärung seitens beider Beklagter um so mehr als objektiv unverständlich und damit grob fehlerhaft, als eine zuvor durchgeführte zusätzliche Mammographie schon nicht zu einem eindeutigen Befund zu führen vermochte."  (Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 15.08.2007, 4 U 437/05)

 

 

 

 


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