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"Einfacher" oder "normaler" Behandlungsfehler

Was versteht man überhaupt unter einem Behandlungsfehler? Definiert wird er als „Abweichung des Ist-Standards vom Soll-Standard“. Doch was hat das genau zu bedeuten?
 
1. Soll-Standard

Zunächst ist bei der Beurteilung einer ärztlichen Behandlung zu ermitteln, wozu der Arzt in der konkreten Situation verpflichtet gewesen wäre. Es ist also danach zu fragen, wie die Behandlung nach dem anerkannten und gesicherten Stand der Medizin hätte ablaufen müssen, wie also der Soll-Standard gewesen wäre. Wichtig ist hier, dass der Soll-Standard zum Zeitpunkt der Behandlung zugrunde zu legen ist, da der Arzt, dessen Behandlung bereits einige Jahre zurückliegt, auch nur dem damals geltenden Standard gerecht werden konnte. Zudem variiert der Soll-Standard je nachdem, ob es sich um einen Arzt in einem "normalen" Krankenhaus oder um einen in einer Spezialklinik tätigen Arzt mit dementsprechendem Spezialwissen handelt. In einem kleinen Allgemeinkrankenhaus ist der Soll-Standard also niedriger anzusetzen als in einer Spezialklinik mit besonders ausgebildeten Ärzten.
 
2. Abweichung vom Soll-Standard

Außerdem stellt nicht jede vom Patienten als „schlecht“ empfundene Behandlung gleich einen Behandlungsfehler und somit eine Abweichung vom Soll-Standard dar, so lange sie aus medizinischer Sicht noch nachvollziehbar ist. Zur Verdeutlichung soll dies anhand der in der Schule verwendeten Notenskala von "eins" bis "sechs" erklärt werden: Auf derselben kann eine Abweichung vom Soll-Standard erst bei einer Bewertung mit „fünf plus“ angenommen werden, da mit der Note "vier minus" das Klassenziel erreicht wird und eine Versetzung erfolgt. Was im Bereich von "eins" bis „vier minus“ liegt, entspricht also noch dem Soll-Standard und berechtigt nicht zur Forderung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. Wurde einem Patienten nach einer Behandlung von einem anderen Arzt bestätigt, dass die Behandlung "schlecht" war, so kann sich diese "schlechte Behandlung" also immer noch innerhalb des breiten, dem Soll-Standard entsprechenden Spektrums befinden. Nicht alles, was landläufig als "schlechte" Behandlung bezeichnet wird, ist es auch im rechtlichen Sinne.

Hat man den Soll-Standard ermittelt, so ist dieser mit dem Ist-Standard, also den tatsächlichen Ablauf der Behandlung zu vergleichen. Ist die tatsächliche Behandlung im Vergleich zum Soll-Standard so schlecht, dass sie sich notenmäßig nur noch mit "fünf plus" oder schlechter bewerten lässt, so ist dem Arzt tatsächlich ein Behandlungsfehler unterlaufen.
 
3. Weitere Voraussetzungen für Schadensersatz und Schmerzensgeld
 
Um für diesen Behandlungsfehler Schadensersatz und Schmerzensgeld zu bekommen, müssen jedoch noch zwei weitere Voraussetzungen vorliegen. So muss der Behandlungsfehler zu einem Schaden geführt haben, also kausal für diesen gewesen sein. Die Bedeutung von Schaden und Kausalität  lässt sich anhand eines anschaulichen Beispiels verdeutlichen:
 
Eine Geisterfahrt auf der Autobahn nachts um halb drei ist zwar regelwidrig, kann aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens aber folgenlos bleiben. Stellt man sich das Geschehen nachmittags um 17 Uhr vor, so wird es mit höchster Wahrscheinlichkeit auch zu einem Unfall, also zu einem Schaden kommen. Auf den Behandlungsfehler übertragen bedeutet dies: Ein Behandlungsfehler verstößt zwar gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, kann jedoch für den Patienten folgenlos bleiben. Erst wenn der Behandlungsfehler tatsächlich Folgen in Gestalt eines Schadens hat und dieser Schaden bei einer fehlerfreien Behandlung nicht eingetreten wäre, besteht ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Dabei muss der Schaden also eindeutig auf dem Behandlungsfehler beruhen. Wieder bildlich gesprochen heißt dies: Hätte sich der Unfall trotz der Geisterfahrt nachmittags um 17 Uhr aus anderen Gründen genauso ereignet, so fehlt es an der Kausalität.
 
Es ist also genau zu prüfen, ob der Behandlungsfehler überhaupt einen Schaden beim Patienten nach sich gezogen hat und ob dieser Schaden nicht auch aus anderen Gründen eingetreten sein könnte.

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