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Kausalität

Im Arzthaftungsprozess muss der Patient nicht nur beweisen, dass dem Arzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, sondern er muss auch dessen Kausalzusammenhang mit dem eingetretenen Schaden beweisen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Behandlungsfehler für den eingetretenen Schaden kausal war, ist zunächst die haftungsbegründende Kausalität und dann die haftungsausfüllende Kausalität zu prüfen.

 

1. Was ist die haftungsbegründende Kausalität?

 

Unter der haftungsbegründenden Kausalität versteht man den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem ersten Verletzungserfolg, also dem Primärschaden. Bei diesem Beweis muss der Patient den in § 286 der Zivilprozessordnung festgelegten Anforderungen gerecht werden. Der erste Absatz dieser Norm lautet wie folgt:

 

"Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind."

 

Nach der Rechtsprechung wird angenommen, dass das Gericht eine behauptete Tatsache dann für wahr bzw. unwahr erachtet, wenn hierfür ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Hierauf haben beispielsweise auch die Richter des Bundesgerichtshofs in ihrem Urteil vom 4.11.2003, VI ZR 28/03, abgestellt:

 

"Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass sich das Berufungsgericht auch im Hinblick darauf, dass nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen andere Möglichkeiten als Auslöser für die Erkrankung als möglich erscheinen (Entwicklung ohne äußeren Anlass bei ca. 10 % der Patienten oder ein bisher nicht bekanntes Trauma vor oder unmittelbar nach dem Unfall), die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung nicht hat bilden können. Diese verlangt zwar keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit; ausreichend ist vielmehr ein unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung gewonnener für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet."

 

Der Richter muss also von der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den Primärschaden in so hohem Maße überzeugt sein, dass seine Gewissheit zwar nicht absolut unumstößlich ist, sie aber doch einen für das praktische Leben brauchbaren Grad erreicht hat. Im zitierten Fall waren sich die Richter eines Kausalzusammenhangs gerade nicht ausreichend gewiss, da sich die als Primärschaden vorgetragene Erkrankung bei 10 % aller Patienten auch ohne äußeren Anlass entwickelt.

 

Hier wird auch deutlich, dass die haftungsbegründende Kausalität nur dann vorliegt, wenn der Primärschaden ohne das schädigende Ereignis gerade nicht eingetreten wäre. Dass lediglich 10 % aller Patienten die Erkrankung auch ohne ein schädigendes Ereignis bekommen, macht es hier zwar wahrscheinlich, dass ohne die Schädigung der Primärschaden nicht eingetreten wäre. Die bloße Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts ist jedoch nicht ausreichend. 

 

2. Was ist die haftungsausfüllende Kausalität?

 

Die haftungsausfüllende Kausalität betrifft die ursächliche Verknüpfung zwischen dem Primärschaden und den daraus entstehenden weiteren Sekundärschäden (Gesundheits- und Vermögensschäden). Hier gilt - im Gegensatz zur haftungsbegründenden Kausalität - das Beweismaß des § 287 ZPO, der wie folgt lautet:

 

"(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen."
 
Diese auf den ersten Blick doch recht unverständliche gesetzliche Formulierung bedeutet nichts anderes, als dass hier zur Überzeugungsbildung des Richters eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Kausalzusammenhang zwischen Primär- und Sekundärschäden ausreicht. 

 

 

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