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Einfacher Befunderhebungspflichtverstoß mit Beweislastumkehr

Die erste Art des Befunderhebungspflichtverstoßes - der einfache Befunderhebungspflichtverstoß mit Beweislastumkehr - steht im Mittelpunkt einer der auf diesem Gebiet zentralen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Die obersten Richter haben bereits zu Beginn dieses Urteils vom 23.03.2004, VI ZR 428/02, in einem Leitsatz sämtliche im Folgenden erklärten Voraussetzungen klargestellt, die im konkreten Fall zu prüfen sind:

 

"Eine fehlerhafte Unterlassung der medizinisch gebotenen Befunderhebung führt zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Schaden, wenn sich bei der gebotenen Befunderhebung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und wenn sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde. In diesem Rahmen ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen Befundergebnisses unabhängig von der Kausalitätsfrage zu beurteilen und darf insbesondere nicht mit der Begründung verneint werden, der Gesundheitsschaden könne auch infolge eines völlig anderen Kausalverlaufs eingetreten sein."

 

Um einem Arzt einen Befunderhebungspflichtverstoß der genannten Art vorwerfen zu können, müssen demnach folgende Voraussetzungen vorliegen:

 

Es muss sich um eine medizinisch gebotene Befunderhebung handeln, welche mit  hinreichender Wahrscheinlichkeit bei ihrer Durchführung ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis erbracht hätte. Außerdem muss die Verkennung des Befundes als fundamental zu beurteilen oder die Nichtreaktion auf den Befund als grob fehlerhaft einzuschätzen sein. Dies bedeutet im Einzelnen folgendes:

 


I. Medizinisch gebotene Befunderhebung

 

Der Arzt muss eine im konkreten Fall medizinisch gebotene Befunderhebung unterlassen haben. Dabei muss es sich also zunächst um eine Befunderhebung handeln, die in einem zweiten Schritt als medizinisch geboten zu bewerten ist.

 

Doch was ist überhaupt unter einer medizinisch gebotenen Befunderhebung zu verstehen?



1. Befunderhebung - was ist das?
 
Die Befunderhebung steht zu Beginn der medizinischen Behandlung eines Patienten und wird vom Arzt durch Untersuchungen oder andere Art der ärztlichen Erkenntnisgewinnung vorgenommen. Für das Vorliegen eines Befunderhebungspflichtverstoßes muss dem Arzt im Rahmen dieser Befunderhebung ein Fehler unterlaufen sein. Um dies zu beurteilen, muss zunächst klar sein, was unter einem medizinischen Befund überhaupt zu verstehen ist. 

 

Medizinischer Befund

 

Ein medizinischer Befund ist das Ergebnis einer medizinischen Untersuchung bzw. jedes ärztlichen Vorgehens bei der Behandlung eines Patienten mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns über den Gesundheitszustand des Patienten oder über den Zustand eines mit dem Gesundheitszustand in Zusammenhang stehenden medizinischen Gerätes. Dabei ist zwischen einem medizinischen Befund im engeren Sinne (reine Körperbefunde) und einem medizinischen Befund im weiteren Sinne (Befunde von medizintechnischen Geräten = Gerätebefunde wie die Batteriekapazität eines Herzschrittmachers, Funktionsfähigkeit eines Katheters) zu unterscheiden.

  • Medizinischer Befund im engeren Sinne

Bei dem medizinischen Befund im engeren Sinne handelt es sich um alle Ergebnisse einer ärztlichen / medizinischen Untersuchung / Beobachtung oder wie auch immer beschaffenen Art der ärztlichen Erkenntnis über den Gesundheits- bzw. Körperzustand des Patienten, also um sogenannte Körperbefunde. Die Art der Erkenntnisgewinnung ist dabei vielgestaltig. Es kommen zum Beispiel manuell gewonnene oder durch Einsatz technischer Geräte ermittelte Befunde in Betracht.

 

Für medizinische Befunde im engeren Sinne/Körperbefunde seien folgende Beispiele genannt:


- Laborwerte,

- Herzgeräusche,

- Ergebnisse von Röntgenaufnahmen (Rö, CT, MRT) oder Ultraschalluntersuchungen,

- Längenmaße von Organen oder Organteilen,

- Untersuchungen des menschlichen Körpers auf einen Befall mit Erregern (Bakterien, Vieren;

   Abstrichnahmen mit anschließendem Versuch einer Keimanzüchtung mit Resistenzbestimmung)

- Gewinnung und Aufarbeitung von Körpermaterialien (Punktion mit anschließender

   feingeweblicher Untersuchung)

- Funktionsparameter von Organen (Kapazität der Lunge)

  • Medizinischer Befund im weiteren Sinne

Von den Körperbefunden abzugrenzen sind die Erkenntnisse über medizinische Geräte (Gerätebefunde)

 

Der Bundesgerichtshof stellt die Gerätebefunde den reinen körperlichen Befunden dann gleich, wenn die medizintechnischen Geräte unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit des betroffenen Patienten haben. Hierzu haben die Richter in einem Fall, in dem die Überprüfung der Batteriekapazität eines Herzschrittmachers unterlassen wurde, wie folgt entschieden:

 

 „Die Batteriekapazität eines Herzschrittmachers kann unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit des Patienten haben. Das rechtfertigt es, nach dem Vortrag der Klägerin mögliche Feststellungen hierzu der Erhebung medizinischer Befunde in rechtlicher Hinsicht gleichzustellen. Die Verpflichtung, die verbliebene Kapazität festzustellen, hat – ebenso wie die Pflicht zur Erhebung des Krankheitsstatus eines Patienten im engeren Sinne – den Zweck, Aufschluss über ein behandlungsbe­dürftiges Geschehen zu gewinnen, um dann die für die Gesundheit des Patienten nötigen Maßnahmen zu treffen. Verletzt der Arzt diese Pflicht, so erschwert oder vereitelt er dem Patienten wegen des Fehlens des sonst als Beweismittel zur Verfügung stehenden Untersuchungsergebnisses die Beweisführung in einem späteren Haftpflichtprozess. Dies rechtfertigt es, dem Patienten in einem solchen Fall Beweiserleichterungen zu gewähren.“

(BGH, Urteil vom 23.03.2004, VI ZR 428/02)

 

Kommt also ein technisches Gerät zum Einsatz, dessen Funktionsfähigkeit den gesundheitlichen Zustand des Patienten beeinflusst, so ist die unterlassene oder fehlerhafte Überprüfung dieses Gerätes mit der Situation vergleichbar, die bei einem unterlassenen oder fehlerhaften Körperbefund besteht. So kann die unterlassene Kontrolle eines solchen Gerätes für die Gesundheit des Patienten die gleichen negativen Folgen haben wie die unterlassene Erhebung eines Körperbefundes. In beiden Fällen wird ein Zustand nicht erkannt, der sich auf die Gesundheit des Patienten auswirken und bei diesem einen Schaden hervorrufen kann.

 

Für medizinische Befunde im weiteren Sinne/Gerätebefunde seien folgende Beispiele genannt:


- Batteriekapazität eines Herzschrittmachers

- Funktionsfähigkeit eines Katheters

- Lage eines Beatmungstubuses


Aufgrund der vergleichbaren Situation sind Fehler bei der Erhebung von Gerätebefunden hier also gleich zu behandeln wie Fehler bei der Körperbefunderhebung.

 

 

2. Medizinische Gebotenheit

 

Die Erhebung des Körper- oder des Gerätebefundes muss außerdem medizinisch geboten gewesen sein. Es muss also aus medizinischer Sicht zunächst überhaupt Anlass zu einer bestimmten medizinischen Untersuchung des Patienten oder Kontrolle bzw. Prüfung eines beim Patienten eingesetzten Gerätes bestanden haben, die Befunderhebung muss also medizinisch indiziert gewesen sein.

 

Dabei wird leicht übersehen, dass der Arzt nicht nur dazu verpflichtet ist, einen Befund überhaupt zu erheben, sondern er diesen auch ordnungsgemäß, also in der gebotenen, d.h. auswertbaren bzw. beurteilbaren Qualität des entsprechenden Facharztstandards zu erheben hat.

 

Ein Unterlassen der medizinisch gebotenen Befunderhebung, also ein Befunderhebungspflichtverstoß, liegt also vor, wenn

 

  • ein Befund gar nicht erhoben wurde, also eine Röntgen- oder Ultraschallaufnahme nicht angefertigt wurde

oder

  • ein Befund zwar formal erhoben wurde, dies jedoch in einer fehlerhaften Qualität geschah, also etwa eine Röntgen- oder Ultraschallaufnahme so schlecht ist, dass auf ihr nichts erkannt werden kann, der (fehlerhafte) Befund also keinen Informationsgewinn für die Behandlung des Patienten bedeutet.

Letzteres, nämlich dass nicht nur die gänzlich unterlassene Befunderhebung, sondern auch die in fehlerhafter Qualität erfolgte Befunderhebung als Befunderhebungspflichtverstoß zu bewerten ist, haben die Richter des Bundesgerichtshofs im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9.1.2007, VI ZR 59/06 klargestellt:

 

"weil sowohl in den Fällen der unvollständigen als auch der fehlerhaften Befunderhebung die aus medizinischer Sicht gebotene (ordnungsgemäße) Befunderhebung unterblieben ist."


 

II. Hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen positiven Ergebnisses

 

Um den Vorwurf eines Befunderhebungspflichtverstoßes erheben zu können, müsste sich - wenn der Arzt die Befunderhebung in  der gebotenen Weise durchgeführt hätte - mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt haben.

 

Bei der Beurteilung dieser Frage müssen die folgenden drei Voraussetzungen geprüft werden:

 


1. Positives Ergebnis

 

Die Frage, worin eigentlich das positive medizinische Ergebnis bei einer korrekten Befunderhebung bestanden hätte, ist aus medizinischer Sicht zu beantworten. Hier ist danach zu trennen, mit welchem Ziel ein bestimmter Befund hätte erhoben werden müssen. Dabei sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Ziel: Abgrenzung zwischen medizinisch von der Norm abweichendem Zustand vom Normalzustand (gesund oder krank) oder zwischen fehlerhaftem/inakzeptablem Gerätezustand vom normalen Gerätezustand (funktioniert oder funktioniert nicht bzw. nicht richtig)

Hier muss in jedem Einzelfall aus medizinischer Sicht die Frage beantwortet werden, ob bei richtig erhobenem Körper- oder Gerätebefund ein von der Norm abweichender Zustand des Patienten (Krankheit) oder ein fehlerhafter/inakzeptabler Gerätezustand erkannt worden wäre. Dies ist dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt der gebotenen Befunderhebung ein solcher krankhafter Zustand vorlag.

 

An einem Beispiel lässt sich dies so erklären:

 

Hat der Arzt es unterlassen, zur Klärung der Frage, ob ein Knochenbruch vorliegt oder nicht, ein Röntgenbild zu erstellen oder hat er zwar ein Röntgenbild erstellt, dies jedoch qualitativ so minderwertig, dass darauf ein beurteilbarer Knochen nicht zu erkennen ist, so ist danach zu fragen, ob sich bei Erstellung eines ordnungsgemäßen Röntgenbildes dieser Knochenbruch zum Zeitpunkt der Fertigung der fehlerhaften Röntgenaufnahme gezeigt hätte.

  • Ziel: Erlangung gebotener weiterer Informationen im Rahmen einer Behandlung

Nicht immer besteht das positive Ergebnis in der Erkennung eines anormalen Körper- oder Gerätezustandes. Es kann auch in einer Informationsgewinnung bestehen, die im Rahmen einer durchzuführenden Behandlung beachtlich ist. So kann es bei einer Operation wichtig sein, bestimmte im Operationsgebiet liegenden gesunde Organe oder Organteile zu identifizieren, um diese bei der Behandlung nicht zu verletzen oder bei einer möglichen, aber unvermeidbaren Verletzung derselben diese Verletzung zu erkennen und sodann noch während der Operation behandeln zu können. Das positive Ergebnis - hier also die Information über die Lage eines gesunden Organs bzw. Organteiles - dient in diesem Fall dem Schutz ursprünglich nicht erkrankter oder verletzter Strukturen bzw. Organen.

 

 

2. Reaktionspflichtigkeit des positiven Ergebnisses

 

Das so ermittelte Ergebnis der Befunderhebung muss reaktionspflichtig gewesen sein, es müsste sich also bei ordnungsgemäßer Befunderhebung ein positives Ergebnis gezeigt haben, auf das der Arzt hätte reagieren müssen. Der Arzt müsste also auf Grund des gefundenen Ergebnisses seiner Untersuchung verpflichtet gewesen sein zu handeln. Wäre man bei ordnungsgemäßer Befunderhebung dagegen zu einem positiven Ergebnis gekommen, auf das der Arzt aus medizinischer Sicht nicht hätte reagieren müssen, so kann ihm die unterlassene Befunderhebung nicht angelastet werden.

 

 

3. Hinreichende Wahrscheinlichkeit

 

Hat man das reaktionspflichtige positive Ergebnis ermittelt, so muss als nächstes festgestellt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass sich dieses Ergebnis bei ordnungsgemäßer Befunderhebung auch tatsächlich gezeigt hätte.

 

Dabei besteht aber das Problem, dass der unterlassene Befund zu dem Zeitpunkt, in dem er hätte erhoben werden müssen, nicht mehr nachgeholt werden kann. Die Schwierigkeit liegt also darin, dass aus heutiger Sicht beurteilt werden muss, mit welcher Wahrscheinlichkeit  sich zum damaligen Zeitpunkt ein positives Ergebnis gezeigt hätte, auf das der Arzt hätte reagieren müssen.

 

Es gibt zwar Fälle, in denen mit hundertprozentiger Sicherheit festgestellt werden kann, dass sich zum damaligen Zeitpunkt bei ordnungsgemäßer Befunderhebung ein positives reaktionspflichtiges Ergebnis gezeigt hätte. Es gibt aber auch Fälle, in denen  sich ein positives Ergebnis gerade nicht mit hundertprozentiger Sicherheit feststellen lässt. Der Bundesgerichtshof verlangt in dem eingangs zitierten Urteil für den Befunderhebungspflichtverstoß, dass sich das positive Ergebnis mit "hinreichender Wahrscheinlichkeit" hätte zeigen müssen ohne dies bisher näher zu präzisieren. Diese Voraussetzung  ist durch die untergerichtliche Rechtsprechung so konkretisiert worden, dass die Wahrscheinlichkeit dann hinreichend ist, wenn sie mit mehr als 50 Prozent zu bewerten ist. Dies hat zum Beispiel das Oberlandesgericht Dresden in seinem Urteil vom 06.06.2002 (4 U 3112/01) festgestellt:

 

Bei unterlassener Befunderhebung kommt zugunsten des Patienten nur dann eine Beweiserleichterung in Betracht, wenn der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein medizinisch positives Ergebnis gehabt hätte. Von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit kann jedenfalls dann nicht gesprochen werden, wenn das mutmaßliche Ergebnis des Befundes völlig offen und die Wahrscheinlichkeit nicht höher als mit 50 % anzusetzen ist.“

 

Die Beurteilung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit darf aber auf keinen Fall mit der Frage verwechselt oder vermengt werden, ob der Befunderhebungsfehler den eingetretenen Gesundheitsschaden überhaupt verursacht hat. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen Befundergebnisses ist, laut Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.03.2004, VI ZR 428/02, unabhängig von der Kausalitätsfrage zu beurteilen. Sie darf vor allem nicht mit der Begründung verneint werden, der Gesundheitsschaden könne im Ergebnis auch infolge eines völlig anderen Kausalverlaufs eingetreten sein:

 

Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht im Streitfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen positiven Ergebnisses unter Hinweis darauf verneint hat, dass auch ein Kammerflimmern allein den Zusammenbruch der Klägerin habe verursachen können. Bei dieser Argumentation hat das Berufungsgericht in unzulässiger Weise die Frage, ob die unterlassene Befunderhebung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges Ergebnis erbracht hätte, mit der Frage vermengt, ob der Befunderhebungsfehler den eingetretenen Gesundheitsschaden verursacht hat. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen Befundergebnisses ist unabhängig von der Kausalitätsfrage zu beurteilen. Sie darf insbesondere nicht mit der Begründung verneint werden, der Gesundheitsschaden könne im Ergebnis auch infolge eines völlig anderen Kausalverlaufs eingetreten sein.

In den Fällen, in denen der Arzt gegen seine Pflicht zur Befunderhebung verstoßen hat, kommen nämlich wegen des Fehlens der sonst als Beweismittel zur Verfügung stehenden Untersuchungsergebnissen typischerweise verschiedene Schadensursachen in Betracht. Von welcher dieser möglichen Ursachen auszugehen ist, ist Gegenstand des Kausalitätsbeweises, der bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen der Behandlungsseite auferlegt wird.“

 

Es muss also hier in einem ersten Schritt danach gefragt werden, ob sich das positive reaktionspflichtige Ergebnis mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit bei ordnungsgemäßer Befunderhebung gezeigt hätte, wobei etwaige alternative Schadensursachen außen vor zu lassen sind. Gerade weil aufgrund mangelhafter oder gar nicht erfolgter Befunderhebung Beweismittel fehlen, die es dem Patienten ermöglichen würden, eine bestimmte Schadensursache zu belegen, kommen oftmals noch zahlreiche weitere Ursachen in Betracht. Welche der möglichen Ursachen die richtige ist, ist erst in einem zweiten Schritt auf der Ebene der Kausalitätsfrage zu beantworten.

 

 

III. Befundverkennung oder Nichtreaktion auf den Befund

 

Die vorstehend beschriebenen Voraussetzungen des Befunderhebungspflichtverstoßes führen jedoch erst dann zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten, wenn die Verkennung des Befundes als fundamental zu beurteilen oder die Nichtreaktion auf den Befund als grob fehlerhaft einzuschätzen wäre.

 

 

1. Fundamentale Befundverkennung

 

Die erste Alternative für die Beweislastumkehr ist die fundamentale Befundverkennung, die nach dem Bundesgerichtshof dann gegeben ist, wenn eine bestimmte Reaktion auf den Befund dringend angezeigt gewesen wäre (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.03.2004, VI ZR 428/02):

 

Das Berufungsgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob der Umstand, dass die Indikation zum Austausch des Herzschrittmachers seit unbekannter Zeit gegeben war, bei sofortiger Kontrolle mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Unzuverlässigkeit des Schrittmachers ergeben hätte, deshalb ein sofortiger Austausch dringend angezeigt gewesen wäre und sich eine unterbliebene Reaktion auf diesen Umstand nach dem damaligen Stand der medizinischen Wissenschaft als grob fehlerhaft dargestellt hätte.“

 

 

2. Nichtreaktion auf den Befund wäre grober Behandlungsfehler

 

Die zweite Alternative für die Beweislastumkehr liegt dann vor, wenn sich die unterbliebene Reaktion auf den fiktiven Befund nach dem damaligen Stand der medizinischen Wissenschaft als grob  fehlerhaft dargestellt hätte (vgl. hierzu den Link Grober Behandlungsfehler)

 

 


 
  

 

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